Die Seperatistenunruhen am 30. September 1923

 

Die wohl bewegteste Zeit in der Geschichte Düsseldorfs des 20. Jahrhunderts war die französische Besatzung nach dem Ersten Weltkrieg. Sie war nicht nur geprägt durch Bedrückungen, Enteignungen und Ausquartierungen Düsseldorfer Bürger, sondern auch durch die große Seperatistenkundgebung vom 30. September 1923.

Als am 8. März 1921 französische, englische und belgische Truppen Düsseldorf besetzten, geschah dies auf Befehl des Obersten Rates der Alliierten, als Sanktion auf die Nichterfüllung der Reparationsansprüche und Abrüstungswünsche. Es war ausdrücklich keine militärische Aktion, sondern eine Absicherung zur Erfüllung der alliierten Forderungen. Das Wirtschaftsleben der Stadt sollte nicht behindert werden, damit kein innerer Widerstand entstand.

Dieses Vorhaben ließ sich jedoch nicht verwirklichen. Durch massive Einquartierungsmaßnahmen der Franzosen in private Wohnungen riefen sie die Ablehnung der Bevölkerung hervor. Insgesamt wurden 1921 1700 Zwei- bis Fünfzimmerwohnungen und 905 Einzelzimmer zu diesem Zweck annektiert, ca. 10000 Menschen verloren ihr Obdach, und dies in einer Stadt, die schon zuvor unter akuter Wohnungsnot litt.

Auch die Wirtschaft hatte unter der Besatzung zu leiden. Durch den Zoll, der auf den Warenverkehr zwischen den besetzten und unbesetzten Gebieten erhoben wurde, sanken Kundenaufkommen und Profite, die Düsseldorfer Wirtschaftskraft ging rapide zurück. Dennoch, das Zusammenleben zwischen Besatzern und Besetzten normalisierte sich langsam, man begann, enger zusammenzuarbeiten.

Dies veränderte sich umgehend, als belgische und französische Truppen in das Ruhrgebiet einmarschierten. Die Regierung in Berlin rief zum passiven Widerstand in den besetzten Gebieten auf. Auf diesen reagierten die Franzosen mit Repressalien, Beschlagnahmungen und Requirierungen. Führende Beamte wurden ihres Amtes enthoben und aus den besetzten Gebieten ausgewiesen, so z.B. der Oberbürgermeister Köttgen, dessen Nachfolger Dr. Robert Lehr wurde.

Es gab aber auch Widerstand aus dem Untergrund. Stellvertretend hierfür stehen Albert Leo Schlageter, nach Sprengung der Kalkumer Eisenbahnbrücke am 15. März 1923 von den Franzosen zum Tode verurteilt und füsiliert, später von der NSDAP zum Märtyrer hochstilisiert, und Richard Raabe, im Gegensatz zum Schwarzwälder Schlageter ein geborener Düsseldorfer, der bei einem Attentat mit einer Handgranate auch unschuldige Passanten verletzte. Er wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Als dann im September 1923 die Regierung Stresemann den Abbruch des passiven Widerstandes anordnete, erweckte dies den Eindruck, das Reich lasse das Rheinland fallen. Die Franzosen versuchten nun die Gunst der Stunde zu nutzen, um durch die von ihnen unterstützten Separatisten eine autonome Rheinische Republik zu propagieren.

Durch diese Idee, die schon seit Mitte des Ersten Weltkriegs existierte, sollte an der Ostgrenze Frankreichs ein Pufferstaat zum Deutschen Reich geschaffen wurde. Zu diesem Zweck sollte am 30. September in Düsseldorf eine Großkundgebung stattfinden. Regierungspräsident Grützner, der von dem Vorhaben erfahren hatte, forderte die Düsseldorfer auf, an diesem Sonntag nicht aus dem Hause zu gehen, alle Lokale zu schließen und somit den Separatisten die Unterstützung zu verwehren.

Als an diesem „Toten Sonntag“ ca. 20000 Separatisten aus der Rheinprovinz, Pfalz, Hessen und dem Ruhrgebiet nach Düsseldorf kamen, waren Schutz- und Gemeindepolizei in Alarmbereitschaft versetzt worden. Die zunächst friedlich verlaufende Kundgebung am Stadttheater, deren Hauptredner der Separatistenfürer Matthes war, wurde durch einen gemeinsamen Angriff von Polizei und Mitgliedern der KPD unterbrochen, die Separatisten flohen.

 

Blutige Auseinandersetzungen zwischen französischen Truppen,
Polizei, Seperatisten und Zivilisten

 

Bald schon kamen ihnen jedoch die französischen Truppen zu Hilfe, die Polizei wurde entwaffnet, etliche Polizisten wurden misshandelt oder verhaftet, später wurde dann sogar die gesamte Schutzpolizei aufgelöst. Die Unruhen kosteten 10 Menschenleben. Es kann hier jedoch nicht von einem Putschversuch die Rede sein, sondern lediglich von einer Propaganda-Aktion für die Idee der Rheinischen Republik. Dieser war nun aber durch den fatalen Ausgang viel von ihrem Reiz genommen worden. Die Separatistische Bewegung kam Anfang 1924 zum erliegen.