Joachim Neander

 

„Lobe den Herren“ und „Wunderbarer König“: Diese beiden Lieder stammen von Joachim Neander, einem der wohl bekanntesten deutschen Kirchenliederdichter.

Der Calvinist Neander wurde 1650 in Bremen geboren. Da Bremen als ganze Stadt- und Kirchspielgemeinde reformiert worden war, hatte sie ein ruhiges und gemäßigtes Wesen, ganz anders als die reformierten Gemeinden im „Kampfgebiet“ Niederrhein.

Mit 16 ging Neander auf die Universität; 4 Jahre später machte er die Bekanntschaft Theodor Undereycks, der an die Bremer St.- Martini-Kirche gekommen war. Mit diesem kamen die noch jungen Ideen des Pietismus nach Bremen, einer Bewegung, die in der reformierten Kirche auf Jean de Labadie, in der lutherischen Kirche auf Philipp Jakob Spener zurückging.

Ziel dieser Bewegung, die als Gegenbewegung zu den erstarrten Formen des protestantischen Kirchenwesens entstanden war, war das Streben nach christlicher Vollkommenheit, die ständige Erneuerung der Kirche und die Übung der Gottseligkeit. Zu diesem Zweck traf man sich in kleinen privaten Kreisen, den sogenannten Konventikeln, in denen Bibelkunde, Lehre und Katechisation betrieben wurden. Diese „Kirche in der Kirche“ barg natürlich die Gefahr einer Kirchenspaltung, der die orthodoxen protestantischen Kirchen entgegentreten mußten.

Auch Undereyck in Bremen erregte mit diesen Ideen den Argwohn der strenggläubigen Prediger. Nichtsdestotrotz war sein Einfluß auf Neander groß. Er ermöglichte es ihm, als Begleiter und Hauslehrer mehrerer junger Männer aus gutem Hause an die Universität nach Heidelberg zu gehen.

Im Jahre 1674 bekam Neander den Ruf als Rektor an die Lateinschule der reformierten Gemeinde zu Düsseldorf. Er trat dort am 1. Mai seinen Dienst an. Sein Quartalsgehalt betrug 25 Rt..

Wie das Düsseldorfer Presbyterium auf Neander als Rektor kam, ist unklar. Wohl in seiner Heidelberger Zeit war er Hauslehrer bei der Familie Neufville. Da später, 1697 ein Neufville im Konsistorium zu Düsseldorf vertreten war, kann es durchaus sein, daß Neander dem Konsistorium von dieser Familie empfohlen worden war.

Möglich wäre auch eine Empfehlung Undereycks, der 1670 in Düsseldorf als Prediger zur Diskussion gestanden hatte, oder aber auch eine Empfehlung durch den Düsseldorfer Prediger Christopher Lürsen, der Neander aus Köln kannte.

 

 

 

Der Direktor der reformieren Lateinschule Joachim Neander wurde als Lieddichter berühmt. So dichtete er auch "Großer Gott wir loben Dich"

 

 

 

Gerade zur Zeit des Amtsantritts Neanders befaßte sich die Bergische Synode mit dem Pietismus, den Konventikeln und der Sektenbildung, und da die Düsseldorfer Gemeinde auf Gelder von der Synode und der brandenburgischen Verwaltung angewiesen war, die beide das Konventikelwesen verurteilten, mußte die Gemeinde bemüht sein, dieses „Unwesen“ zu unterbinden.

Da für Neander diese Zusammenkünfte ein konfessionelles Muß bedeuteten, konnte es nicht ausbleiben, daß er mit dem Konsistorium in Konflikt geriet. Bis zum Jahreswechsel 1676/77 fiel er anscheinend nicht weiter auf. Darauf aber beschloß das Konsistorium, den Rektor zu ermahnen, da er heimliche Zusammenkünfte angestellt oder geholfen hatte, diese durchzuführen. Da diese Handlung den Beschlüssen der letzten Generalsynode widersprach, wurde er gewarnt, daß er bei nochmaligem Vergehen seines Dienstes enthoben würde.

Zunächst weigerte sich Neander, die Mahnung der Synode zu akzeptieren. Doch gelang es dem Konsistorium, Neander unter Androhung der Entlassung zu überzeugen, daß er sich der Ordnung gemäß zu verhalten habe. Auf Grund seiner Jugend verzieh ihm das Konsistorium. Um dafür ein Zeichen zu setzen, mußte Neander den sogenannten Labadistenspiegel zu unterschreiben.

Damit gab er zu, daß die bestehende Kirchenordnung und –struktur im Sinne Gottes sei, und die Ideen Labadies, die zu einer Trennung führten, dem entgegenstanden. Er gelobte, kein Konventikel mehr zu veranstalten oder zu besuchen.

Neander ging dann 1679 als Hilfsprediger an St. Martini nach Bremen, wo auch Undereyck noch tätig war. Bis zu diesem Zeitpunkt fiel Neander nicht wieder auf, sein Name wurde nur noch im Zusammenhang mit seiner Entlassung erwähnt.

Ob Neander tatsächlich keine Konventikel mehr besucht hat, ist fraglich. Er tat dies zumindest nicht vor den Augen des Presbyteriums, wenn, dann fanden diese Treffen außerhalb Düsseldorfs statt, in einem Tal, welches heute als Neandertal bekannt ist.

Der Liederdichter starb am 31.5.1680 in Bremen, ohne seine neue Stelle angetreten zu haben. Den ersten Druck seiner Lieder hat er noch miterlebt.

Im Falle Neanders zeigt sich die strenge Orthodoxie der reformierten Gemeinde in Düsseldorf, aber auch der gesamten reformierten Kirche am Niederrhein. Während in Bremen Undereyck ungehindert pietistisch wirken konnte, wurde hier ein Anhänger dieser Ideen verfolgt und unterdrückt. Es zeigt sich somit, daß die reformierte Kirche am Niederrhein durch ihre strenge Struktur zwar den Bedrückungen der Obrigkeit gegenüber standhaft und unverwundbar war, dies aber auf Kosten der freien Willensbildung ihrer Mitglieder geschah.